Rioghachd nan Eilean - Königreich des Lichts
  9. Ginnys Abreise
 

Kapitel 9: Ginnys Abreise

Am späten Nachmittag kamen David und Ginny zurück zur Findlay Avenue. Nach dem Friedhofsbesuch waren sie nach Downtown Los Angeles gefahren. David hatte sich zwei, drei Hemden ein paar T-Shirts, Unterwäsche und Socken gekauft. Da er nach wie vor nass war, zog er eine Hose und eines der Hemden direkt an. Auch Ginny hatte sich etwas neues zum Anziehen besorgt. Da der Tag eh schon angebrochen war, sie von der Findlay Avenue ein ganzes Stück entfernt gewesen waren und es draußen nach wir vor regnete was das Zeug hielt, hatten sie beschlossen eine Weile im Einkaufszentrum zu bleiben. Sie schlenderten durch die Gänge des Gebäudekomplexes, setzten sich in ein Eiscafe und redeten ein bisschen. David war nun deutlich gesprächiger als am Vormittag.
Als sie das Haus von Matt und Susan erreichten, hatten sich die dunklen Wolken wieder verzogen und die Sonne hatte erneut Oberhand gewonnen.
Sie packten die nassen Klamotten, die sie nun in einer Tüte hatten aus und henkten sie zum Trocken auf.
Dann machten sich die beiden daran, das Abendessen vorzubereiten. Das letzt gemeinsame, da Ginny bereits für den Abend darauf einen Rückflug nach Boston gebucht hatte. Sie musste Sonntag zurück in der ATU Boston sein.
David spürte, das Ginny nun sichtlich lockerer war, da er selbst nicht mehr ganz so verschlossen war. Trotzdem fühlte er sich nicht wohl, verständlicher weise. Es war zu viel passiert.

Der Abend brach an und Matt und Susan kamen gegen 18.30 Uhr nach Hause. Nachdem sich beiden frisch gemacht hatten, halfen sie bei den restlichen Vorbereitungen fürs Abendessen.
Es wurden ein paar Kerzen angezündet und das Licht der Lampen auf das nötige Minimum reduziert.. Es war gemütlich, aber es erinnerte David einmal mehr an den Abend von vor zwei Jahren. Alexa fehlte in der Runde. Er versuchte den Gedanken zu verdrängen. Wenigstens gaben sich die anderen drei Mühe keine Party aus dem Abendessen zu machen, so dass alles in allem die Stimmung in Ordnung war. David konnte damit umgehen. Während des Essen gab es ein bisschen Smalltalk, nicht Weltbewegendes. Aber so langsam drängten sich David ein paar Fragen auf und die zunehmende Zurückhaltung beim Smalltalk bemerkten auch die Anderen. Als alle mit dem Essen fertig waren und sie gemeinsam abgeräumt hatten bekam David endlich ein paar Antworten.
„David, du musst noch ne Woche hierbleiben.“ begann Matt schließlich das Thema zu wechseln. „Scone möchte, dass du uns hier noch was länger zur Verfügung stehst.“
„Wieso? Ich habe doch schon alles gesagt.“ entgegnete David, der diese Aktion nicht nachvollziehen konnte und auch nicht wirklich begeistert war.
„Er denkt, dass du vielleicht noch ein bisschen Helfen kannst.“ mischte sich Susan ein.
„Na wunderbar. Ich wollte auch nach Boston zurück. Was ist eigentlich unserer,“ er machte eine Pause und korrigierte sich dann, „mit meiner Wohnung?“
„Tut mir Leid,“ sagte Matt, „der Vermieter hat nach ein paar Monaten darauf bestanden, die Wohnung weiter zu vermieten. Er wollte halt, das die Wohnung bewohnt ist.“
„Wir haben deine Sachen eingelagert.“ sagte nun Ginny.
„Eingelagert?“
„Ja, es ist alles noch da. Wir haben auch deine Post weitergeleitet.“
„Wo sind die Sachen?“ fragte David.
„Es ist alles in Boston.“ entgegnete Matt. „Ginny hat sich darum gekümmert.“ David sah zu ihr hinüber. „Ihr habt euch wirklich um alles gekümmert, was?“ fragte er.
„Du wirst da ein bisschen was zu sortieren haben. Da ist einiges an Post zusammengekommen.“ sagte Matts Schwester.
„Weißt du schon wo du wohnen wirst?“ fragte Susan.
„Ja vielleicht.“ sagte David. „Ich konnte ja nicht wirklich davon ausgehen, das ich die Wohnung noch habe.“ ergänzte er und trank einen Schluck.
„Und wie sieht dein Plan aus?“ fragte Matt neugierig.
„Einen richtigen Plan habe ich noch nicht, nur eine Idee. Mal sehen was draus wird. Wisst ihr zufällig wie es mit meinen Finanzen aussieht?“
„Ich würde sagen gut.“ David sah zu Susan. „Wir haben dafür gesorgt, dass es unangetastet bleibt.“
„Dann muss ich wenigstens nicht bei Null starten.“
Obwohl Geld natürlich nicht alles ist, so ist es dennoch ein wichtiger Bestandteil des Lebens und es David war froh, dass sich seine Freunde so um alles gekümmert hatten und offensichtlich daran geglaubt hatten, dass er zurückkommen würde.
„Ich schulde euch einiges und dir,“ er sah Matt an „auch noch 300 Dollar.“
„Vergiss das nur nicht.“ sagte dieser mit einem ironischen Unterton in der Stimme.
David lächelte, wurde aber wieder ernst.
„Hört mal, ich will mich bei euch bedanken. Wir...“ er sah zu Ginny, „waren ja heute auf dem Friedhof. Die Gräber sind sehr schön und die Worte auf Alexas Grabstein...“ er machte erneut eine Pause und seine Kehle verengte sich. Seine Stimme klang nun wieder gebrochener, „die Worte fand ich einfach toll. Vielen Dank.“
Die Drei sahen leicht verlegen aus und Matt ergriff das Wort.
„Da wäre noch etwas.“ Er sah zu Susan rüber.
„Mr. Scone möchte dich zur ATU zurückholen. Obwohl er nicht weiss, was genau in den 20 Monaten passiert ist, so war er sehr davon angetan wie du dich befreit hast.“ übernahm Susan das Wort. Sie und Matt saßen gespannt da und auch Ginny beäugte David erwartungsvoll.
Dann schnaubte er. „Das Thema ist erledigt.“ begann er zu erklären. „Ich möchte das nicht mehr. Ich möchte ein ruhiges Leben führen.“ Er wusste, dass er damit sich selbst anlog. Er konnte kein völlig ruhiges Leben führen. Als Unsterblicher war dies nicht so ohne weiteres möglich. Aber er musste zumindest nicht die Gefahr suchen.
„Er bietet dir einen großzügigen Vertrag an.“ unterbrach ihn Matt.
„Ich bitte dich. Du weißt, das Geld keine Rolle spielt. Ich habe genug davon- noch immer, dank euch.“
„Ich hatte ihm gleich gesagt, dass das nichts wird“ antwortete Susan und schaute bestätigend zu Matt.
„Wir sollten dich trotzdem fragen“ ergänzte dieser an David gewandt.
„Dann wäre das geklärt.“ schloss David.
„Scone wird sich eh noch freuen.“ Und David sah nun erneut zu Matt.
„Wieso?“ fragte David.
„Nun,“ Matt wollte nicht zu viel verraten, noch stand ja nichts fest „eventuell werde ich auch einen anderen Posten annehmen, das ist noch nicht so ganz klar.“
„Klingt ja geheimnisvoll.“ sagte David.
Die Stunden vergingen und Müdigkeit verbreitete sich wie eine ansteckende Krankheit. Als sich David erheben und ins Bett verabschieden wollte, hielt er jedoch inne und er musste erneut an Alexa denken. In diesem Augenblick wurde ihm bewusst, dass er so schnell wie möglich nach Boston zurückkehren und seine Dinge dort regeln musste. Es wurde Zeit für einen Neuanfang.
„Alles in Ordnung?“ fraget Ginny, die Davids Gesichtsausdruck richtig deutete.
„Ja, alles ok.“ log dieser. Nichts war ok. David würde wieder eine einsame Nacht verbringen. Vielleicht sollte er sich morgen einfach einen Flug nach Boston buchen und verschwinden. Aber Scone würde das sicher gar nicht gefallen. David erhob sich nun doch und verabschiedete sich in die Nacht. Als er das Zimmer verlies konnte er die auf ihn gerichteten Blicke von Ginny, Matt und Susan spüren. Müde schleppte er sich die Stufen hoch in die erste Etage und zu seinem Gästezimmer. Als er oben ankam, hatte er Tränen in den Augen. In seinen Gedanken kreiste alles um Alexa.

Er öffnete die Augen und da stand sie, direkt vor seinem Bett. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt und lies ihr Nachthemd über eine Schulter hinunter gleiten. David stand auf, sein Herz pochte. Wie lange hatte er darauf gewartet. Er sah ihre nackte Schulter, ihren dezent sonnengebräunten Körper, als sie das Nachthemd vollständig zu Boden gleiten ließ. Er trat näher, konnte sie riechen. Dieser liebliche Geruch. Dann legte er langsam eine Hand auf ihre nackte Schulter und rückte näher. Seine Hand glitt hinab und umfasste ihren Bauch, als er sich ganz an sie schmiegte. Es war da schönste Gefühl auf Erden. Dann schrie sie. David schrak zurück und die Frau seiner Träume sank auf die Knie. Blut floss aus ihrem Mund und durch eine Wunde in Brusthöhe. Der Schrei übertraf alles, was David je gehört hatte, dann schrak er hoch und saß nass geschwitzt im Bett. Er schaute auf die Uhr. Die Nacht war noch nicht einmal annähernd vorbei. Nach einem kurzen Besuch des Badezimmers legte David sich erneut schlafen.

„Wie hast du geschlafen?“ fragte ihn Susan, als er am Morgen zum Frühstück hinunter kam. Er hatte den perfekten Traum, der zum Alptraum wurde noch zwei weitere Male in der Nacht gehabt.
„Geht so.“ flunkerte David. Er fühlte sich miserabel.
„Dreimal den Selben Alptraum in einer Nacht? Das habe ich noch nie gehört.“ sagte Matt, als er sich zum Frühstück gesellte und David von seinen Alpträumen berichtet hatte.
„Glaub mir, das ist nicht angenehm. Ich habe eine schreckliche Nacht hinter mir.“ sagte David und belegte sich seine zweite Brotscheibe mit Salami. „Ich werde mich vielleicht nachher noch mal etwas hinlegen und Schlaf nachholen. Dann habt ihr was Zeit für euch. Das tut euch doch bestimmt auch ganz gut.“ Ergänzte er, bevor er eine großen Bissen zu sich nahm.
„Wir fahren Ginny nachher sowieso zum Flughafen. Das ist noch mal ne nette Strecke quer durch die Stadt.“ sagte Matt, der seinen freien Tag schon wieder abgehakt hatte.
„Unsinn,“ widersprach David, „ich werde sie zum Flughafen bringen. Dann habe ich wenigstens was zu tun.“
„Wir können auch zusammen fahren“ wandte Susan ein.
„Nein nicht nötig, ich bekomm sie schon zu Flughafen.“
Susan sah David schief an. „So habe ich das nicht gemeint.“ sagte sie.
„Ich weiß.“ antwortete David und nahm einen weiteren Bissen, den er mit Orangensaft runterspülte. „Nutzt den freien Tag, ernsthaft.“
Die Sache war entschieden. Wenige Minuten später gesellte sich Ginny zu den drei anderen und David ertappte sich dabei, wie er sie begutachtete, da sie ihr Haar offen und etwa zersaust hatte. Als er ihren Blick bemerkte wusste er, dass er ertappt wurde und wandte sich wieder an Matt um ihn noch mal nach den Absichten von Scone zu befragen. Ginny grinste in ihre Müslischale.

Das Wetter schien Los Angeles einen schönen Tag zu bescheren. David schlenderte etwas durch die hinter dem Grundstück gelegene Grünanlage, nachdem er sich Vormittags noch einmal etwas schlafen gelegt hatte, diesmal ohne Unterbrechung.
Die Grünanlage, ehemals ein Golfplatz, hielt was die Wortbeschreibung versprach; weite grüne Rasenflächen. Es zogen sich mehre Wege durch die Anlage und vereinzelt gab es hier und da ein paar Bäume. Richtig schön war, das, warum auch immer, die Anlage nicht großartig besucht war und David so ziemlich für sich alleine unterwegs war. „Sehr ungewöhnlich für einen Sonntag“ dachte er, war aber froh. Eine frische Brise wehte über die freie Fläche, über die Hügel des ehemaligen Golfplatzes und David drehte sich in den Wind. Er fühlte sich entspannt, obwohl im Gedanken über seine Zukunft durch den Kopf gingen. Eine Wohnung hatte er nicht mehr. Er brauchte etwas neues. Zum Glück hatte er keine Geldsorgen, da er im Augenblick auch nicht drüber nachdenken konnte was er beruflich machen würde. Die zwei Jahre mit Alexa hatte er in das „Leben“ investiert. Er hatte viel Zeit für Alexa, viel Zeit für seine Hobbys, viel Zeit für seine Yacht. Die Yacht! Was war mit der Yacht? Sie war noch immer eingelagert. Er erinnerte sich, dass er dem Besitzer der Halle Miete für 3 Jahre im Voraus bezahlt hatte, damit er sich Zeit lassen konnte, die Yacht fertig zu stellen, und damit er sie bei Bedarf erneut einlagern konnte. Jetzt hatte er wieder eine Aufgabe. Die Yacht würde er fertig stellen. Sie war im Grunde fertig. Es fehlten ein paar Kleinigkeiten, sofern sie keinen erneuten Schaden genommen hatte in den zwei Jahren. Aber warum sollte sie?
Der Mittag verging und David machte sich auf den Rückweg. Als er an Matts und Susans Haus ankam, kamen besagte Besitzer auch gerade wieder. Sie waren mit dem Auto etwas raus gefahren, den Tag genießen.
Den Mittag verbrachten sie zusammen am Tisch und erzählten sich etwas. Ginny stieß etwas später dazu, da sie ihre Tasche packte. David berichtete von der Idee, die Yacht endlich fertig zu stellen.
„Trifft sich sehr gut,“ kommentierte Ginny seine Idee. „dann kann ich sie endlich mal sehen.“
„Natürlich.“ antwortete David und hielt inne. Die anderen erkannten es und David bemerkte schließlich Ginnys fragenden Blick.
„Es ist nur….ich habe noch immer keinen Namen ausgewählt. Ich wollte immer, das Alexa den Namen aussucht. Aber jetzt geht das nicht mehr.“
„ Sie wollte, das du den Namen bestimmst, weißt du noch?“ sagte Ginny. „Das hat sie damals so gesagt.“
„Ich weiß.“ antwortete David mit einem mulmigen Gefühl. „Ich weiß.“
„Schon eine Idee?“ fragte Matt, der sich damit in den David - Ginny Dialog einmischte. „Ich meine, hast du dir schon Gedanken gemacht, gibt es ne engere Auswahl?“
David verneinte dies. „Habe ich noch nicht.“
„Dir fällt schon der richtige Name ein, wenn es soweit ist.“ sagte dann Susan.
Sie schnitten noch ein paar andere Themen an und versuchten mit David ein normales Gespräch führen, was ihnen auch gelang. Er musste sich nun mal mit dem Alltag auseinandersetzen. Der späte Mittag ging in den Nachmittag über. Die Sonne schien nach wie vor ungestört, stand nun aber schon sichtlich tiefer. Schließlich rückte Ginnys Flug immer näher und es wurde Zeit, dass sie zum Flughafen kam.

Am späten Nachmittag gegen 17:30 Uhr war es dann soweit.. Ginny verabschiedete sich von ihrem Bruder und von Susan, nahm beide in den Arm und stieg zu David ins Auto.
Sie machten sich auf den Weg. Ihr Ziel war der ca. 40 km entfernte Los Angeles International Airport. Der Weg führte sie auf den Pomona Freeway in Richtung Westen und dann auf den Long Beach Freeway in Richtung Süden. Es war die Strecke die David damals gefahren war, als er Quint am Hafen stellen wollte. Das wir ihm bewusst und sorgte für ein flaues Gefühl in der Magengegend. Es wurde höchste Zeit, dass er die Stadt verließ. Sie fuhren gute 14 Kilometer auf dem Freeway, stetig nach Süden. Kurz bevor sie auf den Glen M Anderson Freeway nach Westen abbogen und damit knapp die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten, ergriff Ginny das Wort und brach das andauernde Schweigen.
„Meinst du, du kommst zurecht? Also, jetzt hier und dann in Boston. Du kommst doch wirklich zurück, oder?“ David starrte auf die Fahrbahn und nahm rechtzeitig die Ausfahrt, die auf den Glan M Anderson Freeway führte.
„Ich denke schon.“ antwortete er zögerlich. „Meine Yacht ist ja in Boston.“
„Und du kommst auch zurecht?“ harkte Ginny nach. „Du weißt, in bin auch in Boston. Wenn etwas ist. Ich bin für dich da?“
David sah zu ihr rüber. „Da ist lieb von dir. Ich denke wirklich, dass ich zurecht komme. Sie du bitte zu, dass du dein Leben auch wieder in Ordnung bringst.“
„Das geht schon, ist alles in Ordnung.“ blockte sie ab und David erkannte sofort, dass sie log, sagte aber nichts. Das war ihre Entscheidung.
„Zwischen uns ist alles ok, oder? fragte er dann doch vorsichtig.
„Zwischen uns?“ wiederholte sie.
„Ja, wegen deinem Freund. Du hast soviel von deiner Beziehung riskiert. Das ist….“
„Dafür sind wahre Freunde da. Bedingungslose Hilfe.“
„Ich hab nur Angst, dass da irgendetwas zwischen uns liegt.“ sagte David nun mit leicht besorgtem Unterton.
„Nein, es ist alles in Ordnung.“ beharrte Ginny. Dann wechselte sie das Thema. „Soll ich mich nach einer Wohnung für dich umschauen?“
„Bitte?“ fragte David.
„Na, eine Wohnung. Du hast doch keine mehr.“
„Nein, danke, ich gehe erstmal in ein Hotel und dann….“er brach ab. Was dann? Er hatte noch immer nicht darüber nachgedacht.
Ginny sah ihn erwartungsvoll an.
„und dann…“ wiederholte sie seine Worte.
„Das werde ich dann sehen.“ beantwortete er die Frage.

Sie hatten mittlerweile den größten Teil der Fahrt hinter sich und gerade West Athens passiert.
„Noch zehn oder zwölf Kilometer“ sagte David. Der Flughafen war mittlerweile ausgeschildert. Nach einigen Minuten bogen sie vom Freeway ab und unterquerten den Flughafen in Richtung Norden und nahmen die viel sagende Ausfahrt Richtung World Way. Nachdem sie sich durch das Straßennetz mit dem den Zu- und Abfahrten der Flughafenbereiche gekämpft hatten, erreichten sie endlich das Parkhaus 4 am südwestlichen Ende des Flughafenkomplexes. Auf dem Weg dorthin passierten sie das 1962 eröffnete Theme Building, mit den zwei sich kreuzenden Bögen. Mit diesen Bögen sah das Gebäude aus wie eine fliegende Untertasse, die auf vier Beine stand. Und nun in der Dämmerung hatte man schon eine Vorstellung davon, wie die Beleuchtung im Dunkeln wirken musste. Das Gebäude sah in dem Licht futuristisch und zu gerne hätte David jetzt noch das Restaurant in der „Schüssel“ des Gebäudes besucht. Doch die Zeit reichte nicht. Nachdem David den Wagen in Parkhaus 4 abgestellt hatte machten sich die beiden auf den Weg ins Flughafengebäude und zu Terminal 4. Glücklicher Weise war der Flughafen nicht überfüllt und so fanden sie den Weg zum Terminal recht schnell. Ginny checkte am American Airline Schalter ein und nach wenigen Minuten hatte sie ihr Gepäcke aufgegeben und eine Bordkarte für Flug AA 192 erhalten.
„Borading Time ist in 45 Minuten,“ sagte sie, als sie sich ihre Bordkarte genauer anschaute „wir können uns also noch hinsetzen und was trinken, wenn du möchtest?“
Sie setzten sich in eines der Cafes und bestellten eine Kleinigkeit. David spürte wie gut es tat, endlich wieder etwas normales zu tun.
„Wirst du mich Besuchen, wenn du nach Boston zurückkommst?“ fragte sie ihn, nachdem sie an ihrer Tasse genippt hatte und sich beinahe den Mund am heißen Kaffee verbrannte.
„Natürlich,“ antworte David „was für eine Frage. Das liegt doch nahe, wenn wir in der gleichen Stadt sind.“
„Mich würde es freuen.“ antwortete sie. „Ich möchte endlich die Yacht sehen.“
David stand auf und bezahlte die Getränke. Dann gingen sie zur Sicherheitskontrolle. Ginny kramte die Bordkarte aus ihrer Tasche und drehte sich dann zu David um.
„So das wars.“ sagte sie mangels besserer Worte.
„Das wars.“ wiederholte David.
„Wir sehen uns bald, richtig?“
„Kann es sein, dass du ich jetzt schon mehr freust mich wieder zu sehen, als deinen Freund?“ fragte David mit einem leichten Grinsen. Dabei dachte er selbst noch darüber nach, ob die Frage nicht nur ein gemeiner Spaß war, sondern vielleicht auch einen wahren Kern hatte.
Ginny sah in erschrocken an. „Sehr witzig.“ sagte sie, als sie ihren Kopf schräg legte und ihn missbilligend ansah. „Bilde dir mal nichts ein.“
Sie sahen sich einen Moment an. Niemand verzog das Gesicht. Dann konnte sie nicht mehr an sich halten und lachte los, ebenso wie David. In diesem Moment schien sein ganzer Schmerz vergessen zu sein.
Sie umarmte ihn und David war froh darüber. Es fühlte sich gut an, die Wärme einer anderen Person zu spüren. Ihn durchfloss ein angenehmes Gefühl, über das er nicht weiter nachdenken wollte. Dann lösten sie sich aus ihrer Umarmung und sahen sich an, noch immer an den Armen festhaltend. David identifizierte das Gefühl, das ihn umgab als Frieden. In diesem Augenblick, hier und jetzt herrschte Frieden in ihm, vollkommener Frieden und er spürte, dass dies heilende Kräfte waren. Diese Ausgeglichenheit hatte er seit fast 2 Jahren nicht mehr gespürt.
„Danke. Danke für alles.“ sagte er mit leiser Stimme.
Sie nickte leicht und sah ihn weiter an. David kam es so vor, als würden sie sich einander wieder nähren, aber in Wahrheit macht Ginny nun einen Schritt zurück.
„Guten Flug.“ sagte David mit warmer Stimme.
„Danke.“ erwiderte sie.
Die Hände rutschen über die Unterarme des jeweils anderen, als sie weiter auseinander gingen und die rothaarige Schönheit, wie David gerade durch den Kopf ging, drehte sich nun von ihm Weg. Die Hände und Finger berührten sich ein letztes Mal, als sie sich vollständig trennten und David wurde bewusst woran er da eigentlich gerade dachte.
Er dachte daran, wie wunderbar sich ihre Hände anfühlten. Dann blinzelte er, als erwache er aus einem Tagtraum und sah Ginny zu, wie sie hinter der Sicherheitskontrolle verschwand.

 

 
 
   
 
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