Rioghachd nan Eilean - Königreich des Lichts
  8. Abschied
 

Kapitel 8: Abschied

 

David dachte er hörte nicht richtig.

„Ginny?“ gab David völlig verwundert zurück.

„Was meinst du mit Ginny?“ ergänzte er.

„Na, ich rede von meiner Schwester, Ginny.“ sagte Matt. „Sie hat dich gefunden.“

David konnte die Aussage gar nicht einordnen.

„Wie? Wieso? Ich verstehe nicht.“

„David, Ginny arbeitet bei der Antiterroreinheit in Boston. Sie hatte sich dort bereits beworben, bevor du uns vor zwei Jahren besucht hast.“

„Was?“ David konnte einfach nicht glauben was er da hörte.

„Ja, sie ist arbeitet dort als Datenanalystin. Beinahe wäre sie wieder rausgeflogen, weil sie so ein Druck ausgeübt hat, damit man dich sucht. Als die Mittel ausgereizt waren und auch wir hier keinen Erfolg hatten dich zu finden, hat sie andere Kanäle in Anspruch genommen. Sie hat eine russische Freundin. Naja, sie hat Satellitenbilder besorgt, die wir nicht hatten. Die Russen speichern alles. So konnte sie auch noch Monate später die Aufnahmen heraussuchen. Jetzt schuldet Ginny den Russen, genauer gesagt ihrer Freundin etwas.“

Matt war immer verblüffter. „Die Russen?“

„Ganz im ernst David, du hast es allein Ginny zu verdanken, dass wir dich da rausholen konnten. Ich bin selbst noch immer begeistert von ihrer Hartnäckigkeit und ihrer Ausdauer.

Und jetzt zahlt sie eventuell einen hohen Preis dafür.“

„Wie meinst du das?“ fragte David und das Gespräch bekam einen besorgten Unterton, während sie sich der Ausfahrt und damit ihrem Ziel näherten.

„Nun, sie hat nicht mal schnell ihre Freundin angerufen und gefragt, ob sie Satellitenbilder bekommt. Es war viel Vorarbeit nötig und auch danach mussten viele Spuren verfolgt werden. Das war sehr zeitintensiv. Susan und ich haben viel Zeit investiert, aber Ginny war wie besessen davon, dich zu finden. Darunter hat ihre Beziehung ziemlich gelitten und sie tut es noch.“

„Ihre Beziehung?“

„Ja, ihr Freund lebt ebenfalls in Boston. Er hat ziemlich zurückstecken müssen. Die beiden haben ständig krach, da sie soviel unterwegs war und sich mit deinem Fall beschäftigt hat und dazu kommt noch die ganze Eifersuchtsschiene.“

„Aber wieso hat sie das alles getan? Ich meine, sie hat auch ihr eigenes Leben.“

„David, ich denke, das musst du sie schon selber fragen.“

Matt steuerte den Wagen von dem Freeway runter in die Wohnsiedlung. Nach wenigen Minuten erreichten sie ihr Ziel.

Matt parkte in der Garageneinfahrt. Schließlich betraten sie das Haus in der Findlay Avenue.

„Du kannst ihm Gästezimmer schlafen.“ sagte Matt als sie den Flur betraten.

„Im Gästezimmer.“ wiederholte David monoton und sofort dachte er wieder an Alexa. Hier hatte er zum letzten Mal gemeinsam mit ihr im Bett gelegen und ihren Körper gespürt.

Matt begriff sofort. „Tut mir leid, du kannst natürlich auch das andere Gästezimmer benutzen. Ich habe einfach nicht drüber…“

„Danke, das geht schon, alles in Ordnung, ehrlich.“ Unterbrach ich ihn David und mit diesen Worten stieg er die Treppe hinauf.

„David?“ er drehte sich auf den Stufen um. „Wenn was ist ruf mich einfach auf dem Handy an, ok?“

„In Ordnung Matt, bis später und – danke.“ David trottete die Stufen hinauf ins Obergeschoss. Matt verschwand unterdessen durch die Haustür.

Den Weg zum Gästezimmer durchschritt er wie in Trance. Er konnte Alexa neben sich sehen. Schließlich betrat er den Raum, in dem sie gemeinsam übernachtet hatten. Auf dem Tisch lag seine Brieftasche. Er nahm sie auf und zog ein Foto aus dem Inneren. Auf dem Foto waren er und Alexa zu sehen. Sie lehnte seinen Kopf gegen seinen, die Arme um seinen Körper geschlungen. David nahm das Bild mit zum Bett und legte es auf den Nachttisch.

Bevor er sich hinlegte um endlich einmal ausführlich zu schlafen, gönnte er sich noch eine lange Dusche. Obwohl er erst Stunden zuvor geduscht hatte, befand er es für nötig. Irgendwann bemerkte er, dass er fast unter der Dusche eingeschlafen wäre. Er drehte das Wasser ab und nachdem er sich abgetrocknet hatte legte er sich ins Bett. Eine Zeit lang lag David auf der Seite und sah das Bild mit ihm und Alexa an. Sein Kopf war vor Müdigkeit völlig leer. Irgendwann schlief er ein.

Er spürte Wärme. Langsam zogen sich die Sonnenstrahlen über sein Gesicht und tauchten es in helles Licht. Er drehte den Kopf etwas zur Seite und öffnete die Augen. Das Zimmer war hell erleuchtet und David Fox drehte sich um. Der wohligen Wärme der Sonnenstrahlen trat Verwirrung gegenüber. Wieso schien die Sonne so durch das Fenster hinein? Wie spät war es?

David stand auf, rieb sich die Augen und zog seine Kleidung an. Nachdem er im Badezimmer kaltes Wasser erfolgreich eingesetzt hatte, um sich wach zu bekommen, ging er die Treppe hinunter in Richtung Küche. Dort schien bereits reges Leben zu herrschen. Gedämpfte Musik kam aus der Richtung, in die er sich nun bewegte. Dann kam ihm Matt mit einer Tasse, aus der er den letzten Schluck Kaffee nippte, entgegen.

„Guten morgen David. Wie fühlst du dich?.“ sagte er, als er David erblickte.

„Ausgeruht. Moment, guten morgen? Wie lange habe ich denn geschlafen?“

„Du hast ja ziemlich lange geschlafen. Müssen so15 Stunden gewesen sein.“

„Wahnsinn. Das hat wirklich gut getan.“

„Das glaube ich dir. In der Küche gibt’s noch Frühstück. Susan und ich müssen leider los. Aber wir sehen uns heute Abend.“

Dies schien das Stichwort gewesen zu sein, denn just in diesem Moment verlies auch Susan die Küche.

„Oh, morgen David.“ sagte sie. Auch David wünscht ihr einen guten Morgen. Dann sah er an ihr vorbei. „Habt ihr nicht was vergessen?“ Susan sah Matt fragend an. „Na da hinten brötschelt noch immer etwas.“

„Ach so.“ sagte Susan, die sich zur Küche umgedreht hatte und sich nun wieder David zuwandte, erleichtert. „Das ist schon in Ordnung. Das frühstückt noch jemand. Also bis dann.“ Ohne das David Einspruch erheben konnte oder überhaupt irgendetwas dem entgegnen konnte, waren die Beiden zur Tür raus. „Na schön“ sagt sich David und ging zur Küche. Er hatte sie fast erreicht da lugte ein Kopf aus der Küche. David erschrak und blieb verwundert stehen.

„Ginny? Was machst du denn hier?“

„Hallo David. Schön dich zu sehen.“ entgegnete sie ihm mit einem Lächeln. „Ich bin gestern Abend angekommen. Ich wollte sehen wie es dir geht.“

„Mir...ich....Ginny?“ David war sprachlos. Sie war extra aus Boston hier her geflogen?

„Ginny...“ setze David erneut an und ihn umklammerte ein Gefühl der Zuneigung. Nach Matts Aussagen hatte sie maßgeblich dazu beigetragen, ihn zu finden und letztlich zu retten.

Sie trat nun vollständig aus der Küche und David musterte die rothaarige Schönheit, noch immer unfähig ein Wort zu sagen. Sie sah umwerfend aus, wie immer. Ihre langen roten Haare hatte sie hinter die Ohren gestreift und ihre blauen Augen funkelten ihn an. Zumindest

bildete David sich das ein. Einen Herzschlag lang war David völlig berauscht von ihrem Aussehen, dann endlich fand er Worte, die er aussprechen konnte.

„...Ich weiß nicht was ich sagen soll.“ Er hätte sich selbst ohrfeigen können, so einen Unsinn von sich zu geben. „Ginny, ich........Matt hat mir erzählt, was du getan hast um mich zu finden. Wie kann ich das wieder gut machen?“

„Ich war der Meinung, dass es nötig war, das zu tun, was ich getan habe.“ sagte Ginny schlicht.

„Dein Bruder hat gesagt, du hast deshalb Probleme mit deinem Freund.“

„Das war ja wieder klar. Das geht meinen lieben Bruder gar nichts an. Der sollte sich da einfach raushalten.“

„Aber wenn du das alles meinetwegen auf mich genommen hast, dann...“

„David, stopp!“ unterbrach ihn Ginny gebieterisch. „Komm gar nicht erst auf die Idee die Ursache für unsere Probleme bei dir zu suchen. Rede dir keine falschen Schuldgefühle ein, verstanden?!“

„Aber du hast...“ setzte David an und wurde sogleich wieder von Ginny unterbrochen „nur das getan, was richtig war und was nötig war; genau wie du es auch machen würdest.“

David gab auf. „Vielen Dank. Das bedeutet mir sehr viel.“

„Vergiss es.“ gab sie mit einem Wink zurück, als wäre es eine Kleinigkeit gewesen und nahm David in de Arm. „Schön das du wieder da bist.“

David und Ginny frühstückten in aller Ruhe und David bemerkte, dass es Ginny offensichtlich schwer viel ein Gesprächsthema zu finden. Verständlich, bei dem was er in den letzen 20 Monaten durchlebt und jetzt im Nachhinein erfahren hatte. David war im Grunde dankbar dafür in ruhe frühstücken zu können. Er konnte und wollte seine vorherrschenden Gefühle nicht ausblenden. Nach wie vor war er von Hass, Wut und Trauer umgeben und die Anwesenheit von Ginny brachte all das durcheinander. Das Geschehene war einfach noch zu frisch, zu präsent, als dass er das einfach verkraften konnte.

 

Der Morgen verging allmählich und David wurde wieder bewusst, was er jetzt tun wollte.

„Ginny, ich würde gerne Alexa Grab besuchen.“

„Meinst du, du kannst das jetzt schon?“ fragte sie ihn und sah ihn mitfühlend an.

„Ja, ich muss das tun. So schnell wie möglich. Das ist mir sehr wichtig.“

„Sie ist hier in Los Angeles, zusammen mit ihrer Familie beerdigt worden.“ erklärte sie David. „Wenn du möchtest, fahre ich dich hin?“

„Ja, ich wäre dir sehr dankbar.“

 

Es war später Vormittag, als sich David und Ginny auf den Weg machten. Matt hatte sein Auto zu Hause stehen lassen und war mit Susan zusammen zur ATU gefahren. Somit hatten David und Ginny ein Fortbewegungsmittel. Sie schnappte sich die Papiere und den Schlüssel und sie verließen das Haus. Draußen waren es angenehme 24°C und die Sonne schien an einem blauen Himmel. Allerdings lauerten im Osten ein paar dunkle Wolken, die langsam in ihre Richtung zogen. David, der sich Kleidung von Matt geliehen hatte, wollte am späteren Tag unbedingt noch ein paar Kleidungstücke kaufen. Geld hatte ihm Matt ihm Flur hingelegt, mit einem Zettel, dass alles Finanzielle am Abend geklärt werde. Da wurde David erstmal bewusst, dass er keine Ahnung hatte, wie seine finanzielle Lage war, was mit seiner Wohnung in Boston war. Immerhin war er über anderthalb Jahre wie vom Erdboden verschluckt. Es gab viele unbeantwortete Fragen. Jetzt würde er aber erst einmal Alexas Grab besuchen.

Ginny steuerte den Wagen aus der Wohnsiedlung heraus und David sah aus dem Seitenfenster und ließ die Umgebung an sich vorbeiziehen. Seine Gedanken kreisten um Alexa. Und jede

Minute, die sie weiterfuhren trübte sich seine Stimmung. Das war es also. Er war noch gar nicht richtig in seinem Leben zurück, spürte aber schon jetzt die große klaffende Wunde und das Loch, die Leere die nun dort vorherrschte.

„Alexa und ihre Familie wurde auf dem Calvary Cemetery & Mausoleum Friedhof in Wellington Heights beigesetzt.“ Ginny, riss ihn mit der Aussage aus seinen Gedanken. Er sah sie an und quittierte die Aussage mit einem Nicken, sagte aber nichts. Er war nach wie vor nicht sehr gesprächig.

Ginny gab sich alle Mühe ein Gespräch anzufangen, ohne ihn zu drängen. Aber sie merkte schließlich, dass es keinen Sinn hatte. David blockte nach der Überraschung über ihre Anwesenheit heute morgen einen Großteil ihrer Gesprächsversuche ab. Ihr blieb nichts anderes übrig, als dies zu akzeptieren.

Auf Grund des Verkehrssituation entschloss sich Ginny dazu den Pomona Freeway zu meiden. Die Fahrt über besagtem Freeway hätte zwar bei freier Fahrt nur wenige Minuten gedauert und hätte sie von Norden an das große Friedhofsgelände herangebracht. Da der Eingang im Süden lag und der Freeway sowieso verstopft war, entschloss sich Ginny in Richtung Süden zu fahren. Sie steuerte das Fahrzeug die Findlay Avenue entlang und überquerten den Beverly Boulevard. Am Ende bogen sie nach rechts auf den Whittier Boulevard in Richtung Westen ab. Diesem folgten sie knapp dreieinhalb Kilometer, unterquerten der Long Beach Freeway und erreichten den Calvary Cemetery & Mausoleum Friedhof nach einer guten Viertelstunde Fahrzeit. Er lag auf der rechten Seite. Dies war die Südseite des Friedhofs, knapp 550 Meter lang. Nach Norden erstreckte sich das Gelände einen guten Kilometer. Auf Grund der Größe des rechteckigen Geländes, war der Friedhof mit Straßen, oder besser, mit breiten asphaltierten Wegen durchzogen. Es gab drei Zufahrten. Eine befand sich auf halber Höher an der Westseite, die beiden anderen an der Südseite, wobei einer davon an der Ecke zur Westseite lag.

Als sie die erste Einfahrt auf das Gelände erreichten bog Ginny ab. Der asphaltierte Weg teilte sich sofort und Ginny nahm die linke Abzweigung. Zu beiden Seiten befanden sich Grabmäler verschiedenen Alters. Sie folgten den Bögen, die der Weg machte, nahmen mehrere kleine Abzweigungen und fuhren weiter in Richtung Norden. Als sie knapp zwei Drittel des Friedhofs überquert hatten, hielt Ginny an.

„Das Grab ist auf der linken Seite in der neunten Reihe“ sagte sie und wies durch das Seitenfenster der Fahrerseite. David beugte sich vor und sah an Ginny vorbei in die Richtung, wohin ihr Finger wies.

„20 Meter“, dachte David. Das war alles, was ihn und Alexa trennten.

David öffnete die Beifahrertür und stieg aus. Er blickte nach oben und sah die sich nun nähernden dunklen Wolken. Dann setzte er sich in Bewegung umrundete das Auto und schritt auf die Rasenfläche mit den Gräbern.

Ginny, die nun ebenfalls ausgestiegen war, sah ihm nach, blieb aber beim Auto zurück. Das war sein Gang. Er musste ihn alleine beschreiten.

David passierte die ersten Grabsteine und je näher er dem von Alexa kam, desto unsicherer wurde er. An so etwas Endgültiges hatte er nicht gedacht. Benjamin Benett hat ihn zwar

darauf hingewiesen, das er akzeptieren müsse, dass seine Freunde um ihn herum alt werden und sterben würden, das war für David aber noch soweit weg gewesen. Er war mit Alexa nur zwei Jahre zusammen, aber er wusste, dass diese zwei Jahre zu den Besten seines bisherigen Lebens gehörten. Er ging weiter und die Grabsteine von Alexa Familie kamen in Sichtweite. Auf einmal hatte er einen Klos im Hals. Schließlich stand er vor Alexas Grab. Der rechteckige Grabstein schloss mit einem Bogen auf der Oberseite ab. Der Rand war mit einem Schlichten Muster verziert. David erblickte die Inschrift.

ALEXA GARIN

1979 – 2006

DIE EINE WAHRE LIEBE

 

 

Davids Kopf war leer. Er wusste nichts zu sagen oder zu denken. Es war einfach unfassbar für ihn, dass Alexa, die Frau, die er so sehr liebte, tot war. Er las die Worte, auf dem Grabstein, noch mal und noch mal. Dann fiel ihm ein, dass er nicht mal Blumen oder wenigstens eine Rose dabei hatte. Allmählich wurde sein Kopf wieder mit Gedanken und Erinnerungen geflutet.

David blinzelte. Von einem Lidschlag zum anderen verschwand der Grabstein und die Gräber um ihn herum. Metall- und Betonsäulen schossen aus dem Boden und David saß auf einer Bank und schaute zum Schalter am Gate hinüber.

 

 

Logan International Airport, Boston, 2004

 

David sah auf die Anzeigentafel über dem kleinen Schalter am Gate :

 

FLIGHT 7651 TO LOS ANGELES

BOARDING TIME 11.50 A.M.

 

„Es dauert wieder ewig.“ sprach ihn ein älterer Herr von der Seite an.

 

David sah auf. „Ich hab es zum Glück nicht eilig.“ entgegnete er gleichgültig.

„Seit dem 11. September geht gar kein Flug mehr pünktlich.“ ärgerte sich der Mann, der nun seine Stimme deutlich hob.

„Das ist der Preis für sichere Flüge.“ dachte David, der auf ein Gespräch gar keine Lust hatte. Er wollte einfach nur ins Flugzeug steigen und nach Los Angeles fliegen.

„Entschuldigen sie mich bitte.“ David stand auf, nahm sein Handgepäck, eine kleine Tasche, und verschwand auf die nahegelegene Toilette. Als er verrichteter Dinger wieder in Richtung Gate marschierte, schwenkte er unauffällig zur Seite, als er seinen Gesprächspartner noch immer an seinem Platz stehen sah.

„Alles, nur nicht der schon wieder“, dachte David. Er ging ein ganzes Stück entfernt von dem Mann seitlich in eine der Sitzreihen und achtete darauf, dass er ihn nicht sah.

RUMS – David stieß mit einer anderen Person zusammen.

„Entschuldigung, das tut mir leid.“ David war es peinlich, aber als er in das Gesicht der Person sah, war er wie elektrisiert.

„Kein Problem, nichts passiert.“ entgegnete ihm die andere Person. Es war eine wunderschöne brünette junge Frau Mitte 20. Sie lächelte ihn zaghaft an. David ging weiter, immer noch zur ihr gewandt und stieß beinahe mit einer weiteren Person zusammen. Die junge Frau grinste breiter. David sah nun nach vorne und setzte sich ans Ende der Sitzreihe.

Die Szenerie veränderte sich. David saß nach wie vor. Allerdings war der Sitz deutlich kleiner. Links war die Kabinenwand des Flugzeuges, rechts zwei freie Sitzplätze. David hatte gerade seine Handgepäck unter dem Vordersitz verstaut. Noch immer drängten sich weitere Passagiere ins Flugzeug und an seiner Sitzreihe vorbei. Er selbst hatte Glück und saß in der zehnten Reihe. Den Rückstau, weil alle Leute im Gang standen, konnte er so entgehen.

Dann sah er wie der der ältere Herr aus dem Terminal das Flugzeug bestieg und David blieb das Herz stehen, als der Mann ihn sah und grinste.

„Wenn der sich hier hin setzt, raste ich aus“, sagte sich David.

Der Mann kam nähe winkte zu David hinüber, der gespielt freundlich zurückgrinste, das Winken aber bewusst unterdrückte und dann war der Mann vorbei. Er saß zum Glück weder neben ihm, noch in seiner Reihe. David drehte sich kurz nach hinten, um sich zu vergewissern, dass der Mann auch nicht direkt hinter ihm saß. Aber dieser ging weiter und David war beruhigt.

Er drehte sich wieder noch vorne und erneut blieb sein Herz stehen. Da war diese wunderschöne Brünette die er angerempelt hatte. Sie kam näher und lächelte ihm zu, als sie ihn erkannte. Er lächelte freundlich zurück. Gerecht wäre es, wenn sie sich neben ihn setzten würde. Das wäre mal wirklich ne tolle Aktion.

Beim Näherkommen sagt sie leise „Hi.“ und bevor David etwas sagen konnte, war sie bereits an ihm vorbei gegangen und verschwand ihm hinteren Teil der Maschine.

„Natürlich“ dachte sich David „das wäre auch zu schön gewesen.“

Allmählich nahm die Hektik an Bord ab. Alle Passagiere waren an Bord. Nur die Dame, die mit ihrer Tochter neben David platz genommen hatte war jedes Mal, wenn eine der Flugbegleiterinnen vorbeikam, nervös am fragen und diskutieren. Es ging irgendwie um ein Kind, das alleine im hinteren Teil des Flugzeugs sitzt. David verfolgte die Gespräche nicht wirklich. Dennoch schaute er überrascht, als eine der Flugbegleiterinnen noch einmal zu der Dame kam und ihr etwas sagte. Dann stand die Dame und das Mädchen neben ihr auf und zusammen folgten sie der Flugbegleiterin nach hinten.

Offensichtlich wurden Plätze getauscht, denn im Gegenzug durchquerten zwei andere Personen das Flugzeug nach vorne.

Als die beiden Personen platz nahmen und David seinen Kopf zu ihnen drehte, dachte er, es sein ein Witz. Die brünette junge Frau sah ihn an, lächelte und sagte „Hi, ich bin Alexa.“

„David“ sagte dieser knapp, noch immer von ihrer Schönheit und von ihrem alles durchdringenden Blick gefesselt.

 

Es begann zu tröpfeln und David sah ungläubig nach oben. Er sah in den mit dunklen Wolken behangenen Himmel. Das Flugzeug war verschwunden und die Gräber tauchten wieder auf. Dann ergossen sich sintflutartige Regenfälle auf ihn. David rührte sich nicht. Er starrte weiter auf den Grabstein von Alexa. Seine Kleidung wurde schwer von der Nässe. Das Wasser klatschte vereinzelt in kleine, bereits mit Wasser gefüllten, Mulden. Davids Augen wurden feucht. Tränen mischten sich mit Regenwasser auf seinen Wangen. Und dann war sie da. Eine leise aber vertraute Stimme die ihm zuflüsterte, dass er nicht an dem Schmerz zerbrechen solle, dass er weinen, aber auch wieder lachen solle und dass sein Leben weiter ginge.

„Lebe dein Leben, ich liebe dich.“ schloss die Stimme. David wusste nicht, ob er träumte, halluzinierte oder doch alles real war. Es war für ihn auch nicht wichtig.. Für ihn war es real. Das konnte ihm keiner mehr nehmen. Dann tauchte eine weitere, sehr viel präsentere Stimme auf.

Ginny trat zu ihm.

„David? Alles in Ordnung?“

„ Nichts ist in Ordnung. Sie ist tot.“ antwortete er mit bitterer Stimme „Lass uns gehen.“ David drehte sich um und sah Ginny an. Sie stand da und schaute besorgt drein.

„Das war es also. Hier endet der Weg von Alexa und mir.“ Er blickte noch einmal zum Grabstein zurück.

„Oh David…“ fing Ginny an. Sie wusste aber selbst nicht was sie sagen wollte.

„Lass gut sein.“ sagte er und beruhigte sich etwas. Die aufkochende Wut über Alexa Tod erstickte in der Erkenntnis, das er sie bereits gerächt hatte. Aber das bracht sie auch nicht wieder zurück. Rache bringt keine Erlösung. Er musste damit leben.

Sie gingen zurück zum Auto und setzten sich pitschnass rein.

„Lass uns fahren, ich brauche unbedingt was anderes zum Anziehen.“ sagte er.

Ginny sah David an.

„Ich jetzt auch.“


 

 
 
   
 
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